Sparen in der Bildung ist keine Investition in die Zukunft

Der Verband Fachhochschuldozierende Nordwestschweiz fh-ch-nw ist der Ansicht, dass die Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden ihren Beitrag an Effizienzsteigerung bereits über die Schmerzgrenze hinaus geleistet haben und ist besorgt um die Qualität von Lehre und Forschung. Die vielgepriesene „Exzellenz“ der FHNW darf nicht sparpolitisch leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

Verband Fachhochschuldozierende Nordwestschweiz fh-ch-nw besorgt um Standortqualität Nordwestschweiz

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW scheint Rekordverdächtiges zu leisten, wie der AZ vom 26. August 2009 zu entnehmen ist: Die Regierung lobt in ihrer Botschaft, dass es der FHNW 2006 – 2008 trotz steigenden Studierendenzahlen, Teuerung im Personalbereich, Fusionskosten und Leistungsauftrag gelungen ist, «sich im Rahmen des auf dem Stand von 2003 plafonierten Trägerbeitrags zu etablieren». Und sie soll auch in Zukunft Grandioses vollbringen, denn die im Budget 2009 – 2011 fehlenden 52 Mio. Franken sollen durch „Effizienzgewinn“ selber kompensiert werden, wie es der Vorlage an den Landrat des Kantons Basel-Landschaft vom 12. August 2008 zu entnehmen ist.

Die Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden, die für Lehre und Forschung verantwortlich zeichnen, sollen schlicht mehr und schneller arbeiten, damit die Rechnung aufgeht. Ein Kurs wird an einzelnen Hochschulen z.B. anstatt mit 90h (alt), nur noch mit knapp 60h (neu) ins Pensum eingetragen, und schon hat man eine wesentliche Einsparung getätigt! Die Grösse der Studierendengruppen wird zum Teil markant erhöht, damit das Betreuungsverhältnis gesenkt, und schon stimmt die Buchhaltung. Der Unterricht wird zu Gunsten des Selbststudiums zurückgestuft, die Betreuungszeit des Dozierenden teils unzulänglich vergütet, und schon wieder hat man Geld gespart. Es darf doch wohl bezweifelt werden, dass die Qualität des Unterrichts trotz dieser einschneidenden Massnahmen erhalten bleibt. Jeder Unternehmer weiss, dass er investieren muss, um Gewinne zu machen. In der Nordwestschweiz wird dieses wirtschaftliche Prinzip aber praktisch umgekehrt.

Die Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden sind nicht mehr bereit, auch in der laufenden Leistungsauftragsperiode 2009 – 2011 weiterhin zusätzliche Arbeit zu leisten. Es geht nicht an, dass von den Lehrpersonen längerfristig erwartet wird, auf eigene Kosten (d.h. auf Kosten der Gesundheit, der Familie, der Erholungszeit) das geplante Budgetdefizit, im Namen von Qualität in Lehre und Forschung, zu kompensieren. Hinzu kommt noch die Unsicherheit der Arbeitsplatzsituation – die Pensen in einigen Hochschulen stehen zur Zeit noch nicht fest, da sich die Studierenden erst in den ersten beiden Semesterwochen definitiv in die Kurse einschreiben werden. Da immer mehr Lehrpersonen mit variablen Pensen angestellt sind, z.B. zu 40 – 60%, kann zwar der Arbeitsvertrag eingehalten werden, das fehlende Einkommen kann jedoch auf dem heutigen Arbeitsmarkt nicht rasch „herbei organisiert“ werden.

Was intern nicht eingespart werden kann, soll stärker extern verrechnet werden, d.h. die Stundenpauschalen, die für Dienstleistungen zu verrechnen sind, werden übermässig erhöht. Die Regierung hat in ihrem Bericht betreffend Bericht der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zur Erfüllung des Leistungsauftrags 2007 selber geschrieben:

„Noch nicht erfüllt hat sie (FHNW) die vorgegebenen Deckungsgrade im erweiterten Leistungsauftrag (Weiterbildung, Forschung, Dienstleistungen). Angesichts der noch im vollen Gange befindlichen Fusion und Konsolidierung können hier aber entsprechende Fortschritte in den Folgejahren erwartet werden.“

Fortschritte, d.h. Einsparungen!

Die FHNW hat aber auch zusätzliche, vom Kanton auferlegte Aufwände, zu bezahlen. Die Mietkosten der kantonalen Gebäude sind 2007/ 2008 um ca. 9% gestiegen, obwohl in derselben Zeit die Hypothekarzinsen praktisch stagniert sind. Ein Kommentar erübrigt sich.

Lehrerverbände warnen vor Lehrermangel (alv, LCH), in den nächsten Jahren droht ein riesiger Mangel an Gesundheitspersonal (Studie der Stiftung Careum), Ingenieure gibt es bereits jetzt zu wenige (Swiss Engineering STV u.a.) – und die Politikerinnen und Politiker sparen an der Bildung oder deren Qualität!? Will sich die Nordwestschweiz mit ihrer Fachhochschule profilieren und positionieren, muss sie für diese auch finanziell und personell Verantwortung tragen. Sparen in der Bildung ist nicht angesagt. Sparen in der Bildung ist keine Investition in die Zukunft.

Der Verband Fachhochschuldozierende Nordwestschweiz fh-ch-nw ist der Ansicht, dass die Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden ihren Beitrag an Effizienzsteigerung bereits über die Schmerzgrenze hinaus geleistet haben und sind besorgt um die Qualität von Lehre und Forschung. Die vielgepriesene „Exzellenz“ der FHNW darf nicht sparpolitisch leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Eine Entscheidung, die auf den Verzicht von massgeblichen Kompetenzen der FHNW hinaus laufen sollte, müsste sehr gut abgewogen werden in Anbetracht der strategischen Stossrichtung, welche die FHNW im globalen Wettbewerb der Hochschulen einschlagen will. Die Fachhochschule Nordwestschweiz muss eine attraktive, leistungs- und konkurrenzfähige Fachhochschule bleiben: ist sie attraktiv für die Studierenden und für die Wirtschaft, ist sie auch attraktiv für die Lehrenden und Forschenden.